«Wir akzeptieren, dass die Olympiaqualifikation oberste Priorität hat und stellen uns dieser Aufgabe sehr gerne.»
Hit&Roll: Ein Sprichwort sagt «der zweite Platz ist wie die Schwester zu küssen». Ist das so?
Lucien: Nach zwei zweiten Plätzen auf der Tour und der Silber-Medaille am Schweizer Cup kann ich bestätigen: Das Sprichwort passt sehr gut! Man sollte zwar zufrieden sein mit der Leistung, aber natürlich will man gewinnen, wenn man in einem Finale steht. Wir spielten wiederholt gut in diesen Finals, aber die Gegner waren einfach besser. Das gilt es zu akzeptieren und nach vorne zu schauen.
Die Schweizermeisterschaft steht vor der Tür. Was ist Euer Ziel?
Nachdem wir letzte Saison auf dem undankbaren vierten Rang gelandet sind, wollen wir diese Saison aufs Podest. Unser Ziel ist ganz klar eine Medaille. Es ist uns jedoch bewusst, dass wir dafür eine gute Woche brauchen und jeder Spieler dazu bereit sein muss.
Die Teilnahme an der Weltmeisterschaft in Glasgow (Schottland) war nie ein Thema?
Klar träumen wir davon, die Schweiz an einem internationalen Anlass vertreten zu dürfen. Aufgrund der Vorgaben, welche durch SWISSCURLING gemacht werden, sind wir aber von dieser Qualifikation ausgeschlossen. Der Spielmodus an der Schweizermeisterschaft ist auch so aufgestellt, dass es schwierig sein wird, unseren Erfolg vom Schweizer Cup zu wiederholen. Nach unseren Resultaten der letzten Wochen wissen wir aber, dass wir mit allen Mannschaften in der Schweiz mithalten können und wir setzen alles daran, am Ende ganz oben zu stehen!
Wurde die Latte hier zu hoch gelegt?
Ich würde nicht behaupten, dass die Hürden zu hoch sind. Um die Vorgaben von SWISSCURLING zu erreichen muss man als Team einfach viel auf der Tour unterwegs sein und konstant vorne mitspielen. Wir akzeptieren, dass die Olympiaqualifikation oberste Priorität hat und stellen uns dieser Aufgabe sehr gerne. Nun spielen halt die meisten Teams an der Schweizermeisterschaft nicht mehr um die Qualifikation für die Weltmeisterschaft sondern „nur“ noch um den Titel des besten Schweizer Teams.
Trotzdem: Der aktuelle Olympiasieger, John Shuster (USA), wäre – nach unserem System – gegenwärtig nicht für die WM qualifiziert; er hat nicht einmal die Hälfte der geforderten Punkte und länge auch im Ranking zu weit hinten …
Das ist auf jeden Fall bemerkenswert. Für mich zeigt das auf, dass wir in der Schweiz mehrere sehr gute Mannschaften haben. Wäre dies nicht der Fall, wären die Hürden auch tiefer. Meines Wissens haben bei beiden Geschlechtern mehr als eine Mannschaft die Möglichkeit, sich an der Schweizermeisterschaft für die Weltmeisterschaft zu qualifizieren. Übrigens bin ich auch der Meinung, dass die Teams De Cruz und Schwaller im Moment besser spielen als das erwähnte Team Shuster.
Ist das nun Deine persönliche Meinung oder die als offizieller Athletenvertreter?
Die Meinungen der Spieler gehen dazu auf jeden Fall weit auseinander. Die Hürde, sich nur schon für die Schweizer Meisterschaft zu qualifizieren wurde höher. Über die Liga qualifizieren sich nur noch 3 Teams. 5 Teams haben sich bereits mittels den auf der Tour geholten Punkten qualifiziert. Dass man für Qualifikationen viel Zeit und Geld aufwenden muss, führte natürlich zu vielen Diskussionen und es ist darauf zu achten, dass nicht noch mehr Teams dem Spitzensport den Rücken zu drehen.
Viele Teams und Spieler gehen auch beim Übertritt von den Junioren zur Elite „verloren“. Was hat Dich motiviert, dran zu bleiben?
Um Curling mit einer so hohen Intensität betreiben zu können, muss man unseren Sport lieben. Als Tom Winkelhausen und ich zu alt für die Junioren waren, war es für uns beide klar, dass wir gleich bei der Elite einsteigen und angreifen wollen. Ich dachte dabei gar nie ans Aufhören. Aber während man bei den Junioren relativ schnell vorne mitspielen kann, muss man bei der Elite den Aufwand deutlich steigern. Da wir es uns schon aus der Juniorenzeit gewohnt waren, alles dem Curling unterzuordnen, konnten wir schnell bei der Elite Fuss fassen. Aber auch wir mussten unsere Erfahrungen machen und mussten – vor allem an den internationalen Turnieren – viele Niederlagen über uns ergehen lassen. Wenn man sich aber durchbeisst, kann das Curling auch bei der Elite Spass machen.
Was macht konkret den Unterschied? Und wie könnte man die Lücke verringern?
Zwischen Junioren und Elite sind definitiv Unterschiede vorhanden. Einerseits werden Fehler viel schneller ausgenutzt, andererseits spürt man auch die taktische Erfahrenheit. Wie man diesen Gap schliessen könnte weiss ich nicht – auf jeden Fall sind die Coaches von SWISSCURLING auch hier sehr hilfsbereit. Man kann sie immer kontaktieren und um Rat fragen. Das Training und die Zeit muss man aber selber aufwenden.
Lucien, wieso lohnt es sich, als Zuschauer nach Thun zu kommen?
Es gibt bei den Frauen wie auch den Männern bestimmt ein spannender Wettkampf. Viele Teams werden um die Medaillen mitspielen. Dazu kommt, dass René Friedli und Mike Reid das Eis gewohnt perfekt aufbereiten werden, was auf jeden Fall hochklassige Spiele zulässt. Der Curling Club Thun hat letztes Jahr bewiesen, dass sie einen solchen Anlass perfekt durchführen können. Wir als Spieler freuen uns darauf!